Die Energiewende ist zwar in den letzten Jahrzehnten in aller Munde, doch passiert ist leider nicht sehr viel. Das heißt, würden wir mit gleicher Geschwindigkeit weiterbummeln, würden wir die Energiewende erst sehr spät schaffen – mit Sicherheit nicht rechtzeitig, um die beschlossenen Klimaziele zu erreichen und Klimakatastrophen unbeschreiblichen Ausmaßes zu vermeiden. Unser Planet ist in höchster Gefahr und nun gilt es gegenzusteuern. Ein Mittel dieses zu unternehmen, ist die Stromversorgung auf regenerative Energien umzustellen.
Die Situation, in der wir uns aktuell befinden, ist geprägt vom sicherlich richtigen Beschluss der Bundesregierung aus der Atomenergie bis Ende dieses Jahres auszusteigen und den Atomstrom aus unseren Netzen zu verbannen. Darüber hinaus verwenden wir in der Zukunft keine fossilen Energieträger mehr, um den CO2-Ausstoß zu stoppen.
Unser Stromverbrauch wird in den nächsten Jahren deutlich steigen, da wir nicht nur den heutigen Verbrauch für Industrie und Haushalte vollkommen auf regenerative Energien umstellen, sondern auch noch elektrische Energie für Wärmebedarf und Verkehr zur Verfügung stellen müssen.
Wenn wir bedenken, dass aktuell Hauswärme und Verkehr in Deutschland mehr CO2 verursachen als die Energiewirtschaft und in Zukunft der Wärmebedarf im Wesentlichen durch Wärmepumpen gedeckt werden wird, die mit Strom angetrieben werden, ist klar, dass der Stromverbrauch steigen wird. Selbst wenn wir uns gasbetriebener Wärmepumpen bedienen, müsste das Gas mittels Strom erst regenerativ erzeugt werden, da fossiles Gas nicht mehr in Frage kommt. Biomasse zur Beheizung von Gebäuden wird in der Zukunft wahrscheinlich ein Nischendasein führen. Durch den Verzicht von fossilen Brennstoffen wird Holz vorzugsweise in der Industrie verwendet werden, um Prozesswärme zu erzeugen. Es wäre eine Ressourcenverschwendung dieses Holz für die Gebäudebeheizung zu verbrennen um daraus 35-grädiges Vorlaufwasser für unsere Heizkreisläufe zu machen. Darüber hinaus ist es sinnvoller, Holz als nachhaltigen Baustoff in Gebäuden zu verbauen und dabei noch CO2 zu speichern. Der Import von Biomasse wird abnehmen, weil zum einen andere Länder vor der gleichen Energiewendenherausforderung stehen und das beschränkte Gut Biomasse selbst verwenden werden und zum andern, ein Abholzen von kohlenstoffspeichernden Wäldern ethisch sehr bedenklich ist.
Zusätzlich muss der Verkehrssektor mit elektrischer Energie versorgt werden. Auch hier werden nachwachsende Kraftstoffe wie Bioethanol den Bedarf nicht decken können. Die dafür benötigten landwirtschaftlichen Flächen stünden hierzulande nicht zur Verfügung. Auf gleicher Fläche kann ein Vielfaches an elektrischer Energie erzeugt werden. Darüber hinaus hätte der Anbau von Energiepflanzen stark negative Folgen auf die Biodiversität, sowie die Boden- und Wasserqualität.
Um den Energieverbrauch innerhalb der nächsten 25 Jahre regenerativ abzudecken, müssen auf dem Gebäudesektor die Gebäudehüllen deutlich verbessert werden, um den Energiebedarf auf ein Minimum zu senken. Die benötigte Restenergie muss dann regenerativen Ursprungs sein. Die Zukunft wird also deutlich elektrischer, als es die Gegenwart ist oder es die Vergangenheit jemals war. Um diesen Stromverbrauch abdecken zu können, werden PV- und Windstrom eine wesentliche Rolle übernehmen.
Der Strombedarf wird in den nächsten zweieinhalb Jahrzehnten deutlich ansteigen. Wasserkraft und Biomasse sind nur noch in sehr geringem Maß erweiterbar. Ein wesentlicher Anteil des Stroms wird dann dafür verwendet, ökologische Brennstoffe herzustellen, um noch vorhandene Verbrennungsmotoren zu betreiben. Der benötigte Kraftstoff wird vermutlich in Deutschland nicht komplett hergestellt werden können, so dass ein Teil importiert werden muss. Doch selbst in diesem Fall fällt in den Lieferländern ein hoher Strombedarf an, der wiederum erneuerbar erzeugt werden muss. Im Augenblick ist es nicht genau abzusehen, wie viel regenerativer Strom aus Windkraft und wie viel mittels Photovoltaik erzeugt wird. Eine ungefähre Aufteilung zu gleichen Teilen auf Windkraft und Photovoltaik erscheint aber durchaus realistisch.
Heute betreiben wir Photovoltaik-Anlagen zumeist auf Freiflächen, auf Scheunen und Industriegebäuden, sowie auf privaten Wohnhäusern.
Der Anteil der genutzten PV-Flächen muss enorm vergrößert werden. Das Potenzial dafür ist vorhanden. Neben den herkömmlichen Erzeugungsorten, die wir natürlich ausbauen, bieten sich beispielsweise auch Parkplätze, Bus- und Straßenbahnhaltestellen an, die wir mit PV-Flächen überbauen. So verschatten wir auch öffentliche Plätze in den Städten mit PV-Modulen. Dies hilft nicht nur der Stromerzeugung, sondern trägt auch zu einem angenehmeren Klima durch niedrigere Temperaturen in Bodennähe bei. In Anbetracht der wachsenden Urbanisierung und Konzentration des Wohnraums in den Städten ist dies ein wichtiger städteplanerischer Aspekt. PV-Anlagen können auf schrägen, sowie auf flachen Dächern und an Gebäudefassaden angebracht werden. Gerade im Zuge einer energetischen Gebäudesanierung ist eine PV-Anlage auf dem Dach oder der Fassade zu integrieren. PV-Anlagen als architektonisches Feature wurden bisher von den Architekten und Stadtplanern leider nur viel zu wenig erkannt. Module in Standardgrößen mögen für viele Architekten wegen der beschränkten optischen Gestaltungsmöglichkeiten nicht die erste Wahl sein. Doch sowohl bei Sanierungen, wie auch bei Neubauten könnten bauwerksintegrierte Module mit individuellen Größen und Farben trotz des höheren Preises interessant sein. Gerade beim Einbau in Fassadenflächen haben sie wegen der senkrechten Platzierung den Vorteil, dass sie sowohl in den Morgen- und Abendstunden, wie auch im Winter besonders effizient sind. Je nachdem wie PV-Module in Dach und Wand integriert werden, können sie dezent oder auffällig wirken. Sie können einem Gebäude ein prestigeträchtiges Aussehen oder einen bestimmten Charakter verleihen – oder einfach den Ausdruck von Moderne. Obwohl sich die meisten Gebäude zur Aufnahme von PV-Anlagen eignen, werden bisher nur wenige davon genutzt. Würden wir alle an Gebäuden geeigneten Flächen für die PV-Strom-Erzeugung nutzen, könnten wir damit den gesamten nationalen Energiebedarf decken.
Im ländlichen Bereich können PV-Anlagen als aufgestellte Freiflächenanlagen über Agrarflächen installiert werden oder an Lärmschutzwänden entlang von Straßen. Auch Braunkohlegruben bieten ein großes Flächenpotenzial das für PV-Strom erschlossen werden könnte.
Neben den beschriebenen PV-Anlagen werden Windanlagen das zweite große Standbein der regenerativen Stromerzeugung in der Zukunft sein. Weitere Windparks werden entstehen müssen – sowohl als Onshore- wie auch als Offshore-Anlagen. Beide Systeme haben Ihre Vor- und Nachteile.
Bezüglich der Windkraftwerke an Land wissen wir, dass sie verhältnismäßig einfach zu bauen sind, wenn die politischen und behördlichen Widerstände erst einmal überwunden sind. Windanlagen im Meer haben dagegen die Vorteile, dass sie pro Jahr deutlich länger und kontinuierlicher laufen. Dadurch werden die höheren Baukosten aufgewogen. Durch den gleichmäßigeren Betrieb, ist der hier erzeugte Strom auch weniger zu speichern.
Im Gegensatz zu Stromversorgung mit fossilen Energieträgern ist es erforderlich bei der Versorgung mit PV-Strom im Zusammenwirken mit Windstrom, und somit einem regenerativen Energiemix, mehr auf die Stabilität der Versorgung zu achten. Da wir im Allgemeinen in sonnenschwachen Wintern eine windstarke Zeit haben und in sonnenstarken Sommern eine windschwache Zeit, kommt uns hier die Natur ein großes Stück entgegen.
Insbesondere das Auseinanderklaffen der Zeiten in denen Strom erzeugt wird und in denen Strom benötigt, beziehungsweise nachgefragt wird, wird deutlich mehr ins Gewicht fallen, als in der Vergangenheit. So wird es zu hohen Stromverbräuchen gerade im Winter kommen, wenn wenig oder in manchen Fällen gar kein PV-Strom verfügbar sein wird. Eine Lastregulierung könnte über zeitaktuelle Preise stattfinden – also eine minutengenaue Preisanpassung aus Angebot und Nachfrage. Das bedeutet, dass in Zukunft Geräte, wie Waschmaschinen und Trockner dann eingeschaltet werden, wenn viel Strom verfügbar sein wird und dieser in diesem Augenblick gerade kostengünstig ist. Bei Gefriergeräten beispielsweise spielt es keine Rolle, zu welcher Tageszeit die Stromaufnahme und somit die Abkühlung stattfindet. Die Anpassung des Stromnetzes muss dahingehend erfolgen, dass in kürzester Zeit Spitzenlasten abgedeckt werden können, wo kein regenerativer Strom verfügbar ist. Eine große Bedeutung wird dem Ausbau eines Hochspannungsgleichstromnetzes zukommen, das ganz Europa verbindet und die Stromversorgung zwischen meteorologischen Hoch- und Tiefdruckgebieten ausgleicht.
So wird auch in den kommenden Jahren an allen Orten genügend Leistung für Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge bereitstehen. Parkplätze werden mit Ladestationen ausgestattet sein.
Ein Schlüsselbereich ist der Speicherausbau, den wir massiv vorantreiben werden. Dies betrifft sowohl die Kurzzeitspeicher, die tägliche Schwankungen abdecken, wie auch längerfristige Speicher, wie Stauseen oder Gaskavernen, in denen in Zukunft anstelle fossilen Erdgases erneuerbares Gas gespeichert werden wird. Die zu speichernde Energiemenge wird sich an der längst möglichen Dunkelflaute orientieren. Vorhandene Gaskraftwerke werden in Zukunft nur noch als Standby-Kraftwerke mit ökologisch erzeugtem Gas betrieben. Da der Wirkungsgrad bei der Umwandlung von regenerativem Strom in Gas und dann wieder in Strom nur bei circa 35 % liegen wird, wird der Strom aus den Standby-Gaskraftwerken verhältnismäßig teuer sein.
Um jedoch die Energieversorgung in der Zukunft auf regenerativer Basis gewährleisten zu können, brauchen wir regenerativen Strom, der zu einem sehr wesentlichen Teil aus Photovoltaik-Anlagen stammt. Hier werden wir Energieberater uns in der Zukunft wesentlich mit einbringen. Energieberatung ohne Photovoltaik-Kompetenz wird es in der Zukunft nicht mehr geben. Wie schon zuvor erwähnt, gilt es, alle heute verfügbaren Formen für die Zukunft auszuweiten – insbesondere die PV-Anlagen an den Gebäuden. Denn dieser Strom kann zu einem großen Teil direkt im oder am Gebäude verwendet werden, ohne durch Leitungsnetze zu fließen und teilweise auch ohne zwischengespeichert zu werden. Dies ist nicht nur die billigste Art regenerativen Strom zu erzeugen und zu verwenden, sie ist auch die ressourcenschonendste, und hat somit eine Schlüsselrolle. Für Eigenheimbesitzer und Gewerbetreibende ist das auch heute schon mit kaum bürokratischem Aufwand machbar. Betreiber einer eigenen PV-Anlage sind auch weitgehend frei von Strompreissteigerungen.
Leider können jedoch circa 60 % der deutschen Haushalte heute nicht von PV-Strom, der an der eigenen Immobilie erzeugt wird, profitieren. Dies betrifft Mieter und Bewohner von Wohnungen in Wohnungseigentümergemeinschaften. In diesem Fall herrscht nach heutiger Rechtslage keine Personenidentität zwischen dem Erzeuger und dem Nutzer des Stroms. Hier gibt es ausgesprochen große Hürden, die der Gesetzgeber den Betreibern von solchen PV-Anlagen (Mieterstromanlagen) zumutet. Das Locken für Mieterstrom mittels Mieterstromzuschlags hat leider nicht mehr als eine symbolische Bedeutung. Die bürokratischen Hindernisse sind gesetzlicher, steuerlicher und verwaltungstechnischer Art, die die Betreiber von Mieterstromanlagen großen Stromversorgern rechtlich gleichstellt. Dieser Aufwand ist heute nur für große Wohnanlagen unter Zuhilfenahme von Mieterstromdienstleistern zu bewältigen. Für kleine Wohnanlagen mit nur circa bis zu zehn Wohneinheiten werden solche Dienste nicht angeboten. Und die Vermieter sind mit der Thematik deutlich überfordert. Wie von unserem Verein seit Jahren gefordert, muss hier ein rasches politisches Umdenken stattfinden, um zum einen diese 60 % der deutschen Haushalte nicht von der Energiewende auszugrenzen, und um auch dieses Potenzial für die Energiewende zu nutzen. Gebäudeflächen für PV-Anlagen heranzuziehen ist allemal besser, als ländliche Grünflächen zu verbauen.
Weitere brache Flächen befinden sich in den Zentren vieler deutschen Städte. Es handelt sich um die Dächer von denkmalgeschützten Bauten oder von Gebäuden, die dem sogenannten Ensembleschutz unterliegen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Forderung danach Das Erscheinungsbild von Gebäuden nicht zu verändern einer Energiewende und somit dem Überleben menschlichen Lebens vorgezogen wird. Jede Epoche der Geschichte hatte ihre Entwicklungen in der Bau- und Gebäudetechnik und es wurden bestehende Gebäude der aktuellen Technik angepasst. Der traditionelle Charakter von Gebäuden kann dabei durchaus erhalten bleiben. Eine Symbiose aus Tradition und Moderne sollte als eine planerische Herausforderung betrachtet werden.
Hier herrscht also in einigen Punkten noch politischer Nachbesserungsbedarf, der schleunigst in Angriff zu nehmen ist.
Eine weitere Herausforderung, nicht nur speziell für den Ausbau der Photovoltaik, sondern für alle regenerativen Energien, wie auch der Sanierung von bestehenden Gebäuden, ist die Knappheit der Ressourcen. Diese wird nicht nur bei den zu verbauenden Komponenten, sondern auch beim Personal sehr deutlich und führt zu stark steigenden Preisen. Mit den heute verfügbaren Mitteln ist die angestrebte Energiewende schlichtweg nicht zu schaffen. Was technisch und finanziell so einfach zu stemmen scheint, droht heute schon vielerorts am Personalmangel zu scheitern. Es ist also außerordentlich wichtig, das Prestige des Handwerks deutlich zu steigen, um die Human Resources dort bereitzustellen, wo diese für unsere lebensnotwendige Energiewende dringend benötigt werden. Gutes geschultes und engagiertes Personal ist in allen Bereichen des Lebens unsere wertvollste Ressource.
Vielleicht brauchen wir eben doch ein klima-soziales Pflichtjahr, bei dem jeder Bundesbürger ein Jahr seines Lebens in den Dienst der Gesellschaft stellt und für den Klimaschutz arbeitet – natürlich bei voller Wertschätzung und ordentlicher Bezahlung – alternativ kann der Dienst im Pflegebereich möglich sein, wo die eine ähnliche Knappheit an Personal herrscht. So manch einer wird im Handwerk oder in der Pflege bleiben, wenn er den Bereich erst einmal kennengelernt und darin seine Berufung gefunden hat.
Die Energiewende wird gelingen, wenn wir Photovoltaik und Windenergie in den Mittelpunkt der Energieversorgung rücken und wir uns aktiv an der Stromversorgung einbringen. Dies kann beispielsweise mit eigenen PV-Stromanlagen am Gebäude oder bei Windparks mittels Bürgerbeteiligung erfolgen. Am Ende steht eine Win-Win-Situation für alle – für das Bewusstsein eines jeden einzelnen, für die Gesellschaft und deren Zusammenhalt und für ein gesundes Klima.